Gedanken zur Ausstellung Karl Uelliger in seiner, unserer und dieser Welt, im Kunsthäuschen Herrliberg:

O, DIESE WELT

O, diese Welt - wer schaut mich da aus grossen Augen an? Vier paar Augen, denen ich nicht ausweichen kann und auch nicht möchte. Wer sucht meine Aufmerksamkeit - wer möchte mir begegnen, mich berühren?

Aus den drei Menschen, in geduckter Haltung, kommt mir Angst und Schrecken entgegen. Gleichzeitig sind sie in einer Art Kahn geborgen. Mir kommen, aus aktueller Sicht, die Bootsflüchtlinge in den Sinn. Sie rufen in mir Mitgefühl wach, gleichzeitig löst es Beklemmung aus.

Im Zentrum das grosse Gesicht mit den übergross aufgerissenen Augen und dem so kleinen Mund. Wie ein Geist oder Dämon wirkt es anfänglich auf mich - ein Rufer aus einer anderen Welt. Ist es pure Verzweiflung oder spricht da der Mahner? Ich sehe keinen erhobenen Zeigefinger, viel mehr kommen mir Tränen entgegen.

Karl Uelliger war ein Frager - ein fragender Mensch. Meist gab er sich die Antworten selber, aus seinen Erfahrungen, seinen Wertvorstellungen und aus seinem Ur-Grund heraus. - Was ihn wohl gerade bewegt hat in jenem Moment, als er den Pinsel in die Hand nahm?

Schalk und Humor halfen Karl Uelliger ernsthaft "dieser Welt" etwas entgegen zu halten, um nicht zu verzweifeln. - So werden Sie in dieser Ausstellung immer wieder in Uelligers humorige Welt eintauchen können. Da gibt es den "Reporter unterwegs" oder "Purzelbäumler". Manchmal muss man Purzelbäume schlagen, um den "Ernst des Lebens" durcheinander zu wirbeln und sich danach neu zu finden. - Oder es gefällt ihm auf einer seiner vielen Wanderungen ein Kopftuch und schon wird die Trägerin zur "Frau Kopftüchlerin" - einfach herrlich!

Selbstbildnissen begegnen wir oft bei diesem Künstler. So schaffte er sich sein Gegenüber, aus einer Stimmung heraus oder vielleicht einem inneren Bedürfnis nach Nähe.

"Unbeobachteter" - Da tanzt er ja, der Kari, der Schal tanzt mit, die Hände stecken im Hosensack. So habe ich Karl Uelliger kaum mal erlebt. Es fehlt nur noch die Gauloise und fertig wäre der Gigolo. "Selbstbi…" Selbstbildnis oder Selbst bin ich? Na, da tanzt unser Zauberkünstler in seinem Sternenkleid schon wieder über die Bildbühne, bald wird er hinter dem roten Vorhang verschwinden.

"Selbst mit neuem Pullover" und "Selbst ich mit Freund" oder "Selbst - Ein Kuriosum wirst du bleiben", sind nur ein paar Beispiele. Sonderlinge waren Karl Uelliger vertraut, zählte er sich doch auch ein wenig dazu. Immer wieder lädt uns Karl Uelliger ein, mit ihm auf Wanderschaft zu gehen, durch Wälder, über Hügel, hinein in Dörfer oder weit die Berge hinauf, den Frühling zu suchen. Manchmal fliegen wir mit ihm zusammen über weite Täler und auf Tannenspitzen oder gar nach Utopia - fern der "O, diese Welt".

Jahreszeiten, insbesondere Herbst und Winter sind häufige Themen. Erntezeit - der Wind holt sich die letzten Blätter vom Baum… und irgendwo nähert sich ein einsamer Schuh dem Wintergarten. Es wird Zeit, die grossen Arbeiten ruhen zu lassen und sich dem Aquarellieren, dem Schnitzen von Engeln und anderen Motiven oder dem Holzschnitt zuzuwenden. - Aber vorerst tanzt der Pinsel nochmals über Papier und Leinwand. Er lässt die wunderschönsten Herbstfarben sich entfalten und … wir stehen staunend davor und freuen uns auf die nächsten "Sommersondertage".

Elisabeth Sailer-Weiss
Präsidentin der Karl und Hanna Uelliger Stiftung